Die Freiwillige Feuerwehr Rain feiert Anfang Juni ein großes Jubiläum. Beim Blick in die Chronik zeigt sich, welch unschätzbare Bedeutung diese am längste währende Bürgerinitiative für die Stadt und die Umgebung hat.
Rain „Heute Morgen kurz nach 2 Uhr wurden die Bewohner unserer Stadt durch Feuersignale aus dem Schlafe geschreckt. Aus der Fendt’schen Brauerei stieg eine mächtige Feuersäule zum Firmament, dasselbe weithin grell beleuchtend. Es war in dem mit Getreidevorräthen aller Art gefüllten Stadel, Feuer ausgebrochen, das so rapid um sich griff, daß ihm die ganzen Fendt’schen Gebäulichkeiten, bestehend aus Wohnhaus, Brauerei, Stallungen, Scheunen etc. mit sämmtlichen Getreide- und Futtervorräthen, sowie Bamannsfahrnissen zum Opfer fielen.“
So schreibt das Rainer Wochenblatt am 23. September 1898. Zwei weitere Anwesen brannten ebenfalls komplett ab, wie es dort heißt, zusätzlich wurden andere Anwesen beschädigt. Mit 16 Feuerwehren aus der Umgebung sowie aus Neuburg und Donauwörth gelang es der Rainer Feuerwehr, noch größeres Unglück zu verhindern. „Auch ist es ein großes Glück zu nennen, daß bei Ausbruch des Brandes vollständige Windstille herrschte, andernfalls hätte leicht eine ganze Häuserreihe ein Raub der Flammen werden können.“ Fahrlässige Brandstiftung durch Fuhrleute wurde als Brandursache vermutet.
Es ist kein Einzelfall dieses Ausmaßes, wie man erfährt, wenn man in der Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Rain blättert. Sie ist zur 150-Jahr-Feier erschienen, die heuer vom 1. bis 4. Juni stattfindet. Ehrenkommandant Emil Meitinger und Gruppenführer Alfred Marb haben die Chronik vor einem Vierteljahrhundert erstellt. Manfred Riegel, Kommandant von 1996 bis 2013, hat die vergangenen 25 Jahre festgehalten.
Beim Blick in die über 300 Seiten wird schnell klar, dass Rain stets Stützpunktwehr für die weite Umgebung war, und dass sie selbstlos, professionell und mit hohem Engagement viele Menschenleben und große Sachwerte rettete. Zum Geburtstag kann man deshalb feststellen: Am 20. März 1873 wurde die erfolgreichste und am längsten andauernde Bürgerinitiative der Stadtgeschichte aus der Taufe gehoben – die Freiwillige Feuerwehr Rain.
Die Vorgänger-Organisation, die Rainer „Bürger-Feuerwehr“, war schon unverzichtbarer Helfer in Not und als Stützpunktwehr tätig. So berichtet die Chronik im Jahr 1754, dass die über 60 Jahre alten zwei Spritzen „durch die Einsätze der vergangenen Jahre zu Hemerten, Oberpeiching, Staudheim, Mittelstetten und letzthin erst bei der Feuersbrunst in Bayerdilling (7. Mai 1754) ruiniert sind“. Dann schreckte am 14. Dezember 1754 nachts eine Feuersbrunst Rain auf. Die Chronik berichtet, dass „bei dem vermögendsten Bürger und Bierbrauer Karl Schirmböck auf dessen Malzdörren eine unversehene entsetzliche Feuersbrunst ausbrach.“ Schirmböck verlor Haus mit Inventar, Wirtschaftsgebäude, alle Vorräte und zwölf bis 15 Rinder. Auch drei Nachbar-Anwesen brannten ab – insgesamt elf Gebäude waren nur noch Schutt und Asche.
Noch nicht in der Lage, das 1750 wegen Baufälligkeit abgebrochene Rathaus zu ersetzen, rang sich die Stadt am 5. Februar 1757 durch, beim Glockengießer Franz Kern in Augsburg zwei neue baugleiche Spritzen – nachgebaut dem im Kloster Niederschönenfeld vorhandenen Gerät – zu bestellen. Bezahlt wurde teils bar, teils mit Altmetall. Kaum ausgeliefert, haben die neuen Spritzen bei Feuersbrünsten in Gempfing und Reicherstein, so ist 1759 notiert, „bestens geholfen“. Am 28. April 1763 bedankte sich die Stadt Donauwörth bei den „besonders hoch- und vielgeehrten Herren Nachbarn“ für die Hilfe, die sie bei der „in hiesiger Stadt entstandenen schreckbaren Feuersbrunst uns mit Abordnung der Feuerrequisiten und dazu gehörigen Personen rühmlichst angedeihen ließen“. Es sollte sich mehrfach und bis in die Gegenwart wiederholen: Die Zeichen der Zeit zeigten die Notwendigkeit zusätzlichen Gerätes Und hatte man dies im Feuerwehrhaus, so bewährte es sich nach kurzer Zeit im Brandfall und/oder bei technischen Hilfeleistungen.
Unmittelbar nach einem weiteren Großbrand, der am 22. September 1929 den Gasthof Schmelcher ruinierte, wurde am 9. November 1929 eine Motorspritze Fabrikat „Siegerin“ für 4735 Mark erworben. Schon am 11. Dezember 1929 kam sie in Burgheim zum Einsatz: „In vierstündiger Tätigkeit bestand die neue Rainer Motorspritze ‚Siegerin‘ ihre erste Feuertaufe zur Zufriedenheit“, heißt es. Der gebrauchte Mannschaftswagen aus Burghausen (31. Juli 1939) leistete mit Sicherheit bei Hilfseinsätzen während des Krieges gute Dienste. Da die technischen Hilfeleistungen immer höhere Professionalität und zusätzliches Gerät erforderten, war der am 26. August 1983 in Dienst gestellte Rüstwagen ein „Meilenstein“. Auch ohne ein Drehleiterfahrzeug (Erst-Anschaffung am 28 August 1992) kann man sich die Stützpunktwehr Rain längst nicht mehr vorstellen.
636 Einsätze sind von 1873 bis 1997 registriert: 313 Brände, 244 technische Hilfeleistungen und 79 sonstige Einsätze. Gewiss sind gerade aus der Frühzeit viel kleinere „Anforderungen“ der Hilfsorganisation nicht dokumentiert. Aber 281 Einsätze in den vergangenen drei Jahren (2020 bis 2022) unterstreichen, wie die Wehrmänner und -frauen zwischenzeitlich gefordert sind. Frauen in der Feuerwehr sind übrigens keine Errungenschaft des späten 20. Jahrhunderts: 1944 wurden für die durch den Kriegsdienst fehlenden Männer 20 Damen zum Feuerwehrdienst verpflichtet und jeden zweiten Sonntag ausgebildet. Als Feuerwehrverein bringt man sich seit der Gründung nachhaltig in das gesellschaftliche Leben von Stadt und Umgebung ein. Das beginnt spätestens im Jahr nach der Gründung, als man am 28. Juni 1874 die erste Fahnenweihe feierte. Die zweite Fahne, geweiht am 4. Juni 1905, wird noch in Ehren gehalten. Zu festlichen Anlässen wie Trauerfällen rückt man zwischenzeitlich mit der beim 100. Geburtstag 1973 angeschafften Fahne aus. Aus der Vereinskasse bestreitet die Feuerwehr auch ständig zweckmäßiges Gerät, wie 2010 mit Atemschutzüberwachung, Türöffnungssatz, Stromerzeuger, Ausstattung für Mehrzweckfahrzeug, Nebelgerät, Digitalkamera oder Schnittschutzstiefel. Großgerät wird nach wie vor von der Stadt mit Unterstützung des Staates und teilweise in überörtlicher Zusammenarbeit angeschafft.
Derzeit verfügt die Feuerwehr über 14 Fahrzeuge: Kommandowagen, Mehrzweckfahrzeug, drei verschieden ausgestattete Löschgruppenfahrzeuge, Rüstwagen, Schlauchwagen, Drehleiter, Einsatzanhänger, Verkehrssicherungsanhänger, Großlüfter, Ölschadenanhänger, Pulverlöscher und das Einsatzboot. Trotzdem hat sich die Stadt Rain für die Stützpunktwehr und die zehn Stadtteil-Feuerwehren einen Bedarfsplan erstellen lassen. Ergebnis ist, dass für die vielschichtigen Szenarien eine Ergänzung bei Fahrzeugen und Gerät geboten ist. Beim Blick in die Annalen ist die geeignete Unterbringung des Gerätes oft ein Manko. Am 27. November 1971 bezog man das längst notwendige zeitgemäße Gerätehaus an der Preußenallee; die gestiegenen Anforderungen eines halben Jahrhunderts haben vor Kurzem zur Entscheidung „Pro neues Gerätehaus“ im Rainer Osten geführt, das im Finanzplan der nächsten Jahre steht.
Ein Faktum der Rainer Feuerwehr aber zieht sich kontinuierlich über 150 Jahre seit der Gründung – eigentlich seit über drei Jahrhunderte dokumentierte Geschichte der Hilfsbereitschaft. Es ist die Mannschaft. Querelen oder Inkompetenz sucht man in der Chronik vergebens. Das beginnt mit Gründungsvorstand und -kommandant Josef Graf (1873 – 1887) und reicht bis in die Gegenwart. Emil Meitinger (1965 – 1995) und Manfred Riegel (1996 – 2013) standen als Kommandanten und Vorstand in Personalunion mit ihren Teams für Kontinuität und eine schlagkräftige Mannschaft. Meitinger, mit Bundesverdienstkreuz und Bürgermedaille ausgezeichnet, war es vor allem, der die Wehr von der Feuerlösch-Einrichtung zur umfassenden Hilfsleistungsorganisation weiterentwickelte.
Seit 2014 führen Peter Mikschl als Kommandant und Erich Bentzinger als Vorstand dieses Werk fort. Meitinger, Riegel und Mikschl waren, beziehungsweise sind als Kreisbrandmeister auch Garanten für die überörtliche Zusammenarbeit. Trotz der hohen zeitlichen Belastung ist die Fluktuation bei den Aktiven sehr gering. Und mit Kinder- und Jugendfeuerwehr wird die Nachwuchsarbeit wichtig genommen.
Pressebericht aus der Donauwörther-Zeitung vom 06.05.2023. Verfasst von Adalbert Riehl.